Bitte, bekennt euch öffentlich!

Das war ein Hoffnungsschimmer in der trüben kirchlichen Homo-Ehe-Segnungs-Entwicklung der letzten Jahre und Monate: 330 Pfarrer, Vikare und Theologiestudenten der Evangelischen Kirche in Württemberg setzten ihre Unterschrift unter eine Erklärung, in der es heißt: „Wichtig ist uns zudem, in der Seelsorge jedem offen und wertschätzend zu begegnen. Dies gilt selbstverständlich auch für gleichgeschlechtlich empfindende Menschen, ganz unabhängig davon, wie sie ihre Sexualität leben. Dennoch sehen wir uns von der Heiligen Schrift her nicht dazu ermächtigt, gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu segnen oder gleichgeschlechtliche Paare zu trauen. Da wir in unserem Gewissen an die Schrift gebunden sind, werden wir unabhängig von der Entscheidung der Synode weder das eine noch das andere tun.“

Man hört, es würden noch mehr, die unterschreiben möchten. Die Erklärung ist vor der Landessynode der Württembergischen Kirche (27.-30.11.2017 in Stuttgart) gar nicht öffentlich beworben, sondern nur persönlich weitergereicht worden. Kirchenleitung und alle Synodalen erhielten die Erklärung mit den Namen. Man sollte denken, dass bei so viel grundsätzlichem Widerspruch – es geht um Bindung der Gewissen an die Bibel, also um eine Bekenntnisfrage! – die Kirchenleitung verzichten würde, eine Segnung gleichgeschlechtlicher Paare im Gottesdienst vorzuschlagen. Sie verzichtete nicht. Die Gemeinden sollten entscheiden, ob sie die Segnung durchführen wollen oder nicht. Dass es keine Trauung, sondern nur (!!) eine Segnung geben sollte, war als Kompromiss angeboten worden. Aber was ist das für ein Verständnis von Segnung? Nur was vor Gott recht ist, kann in seinem Namen gesegnet werden. Wieso ist dann Segnung weniger als Trauung?

Der Vorschlag der Kirchenleitung verfehlte allerdings in der Synode die erforderliche Zweidrittelmehrheit um zwei Stimmen. Der Sprecher der Synodalgruppe „Lebendige Gemeinde“, Dekan Ralf Albrecht, erklärte vor der Synode: „Die Heilige Schrift allein ist der Maßstab für all das, was wir glauben und verkünden. Sie ist ‚Regel und Richtschnur‘ für unsere Lehre und für unser Leben.“ Allerdings stimmte dann auch etwa ein Viertel der Synodalen der „Lebendigen Gemeinde“ für die Homo-Segnung, so dass die Zweidrittelmehrheit nur sehr knapp verfehlt wurde.

Landesbischof July erklärte danach auf Facebook: „Beinahe zwei Drittel der Landessynode haben sich für die Ermöglichung einer öffentlichen kirchlichen Amtshandlung für gleichgeschlechtliche Paare ausgesprochen. Dieses durchaus starke Votum, das ich auch für repräsentativ für die Stimmungslage an der kirchlichen Basis halte, verstehe ich als Verpflichtung, in dieser Sache weiter aktiv zu bleiben.“ Man wird sehen. Die Ansage ist klar.

Nicht wenige waren nach der jetzigen Entscheidung der Synode erleichtert. Noch mal abgewendet! Sie sollten nicht glauben, dass sie sich lange ausruhen können.

Ich hatte gehofft, dass die Namen der württembergischen Pfarrer, Vikare und Theologiestudenten jetzt veröffentlicht werden. Das wäre ein ermutigender Impuls für Gleichgesinnte in anderen Landeskirchen gewesen. Sie hätten sich miteinander verbinden können. Das ist offensichtlich nicht gewollt. Schade. Vielleicht bilden sich in anderen Landeskirchen doch noch ähnliche Initiativen. Die Schwaben stellen ihre Erklärung sicher als Vorlage zur Verfügung.

Man konnte hören, dass der emotionale Druck auf die Synodalen gewaltig gewesen sei. Wer hofft, dieser Druck würde in Zukunft nachlassen, wird sicher enttäuscht. Die Befürworter der Homo-Ehe haben die Massenmedien auf ihrer Seite und werden sie zu mobilisieren wissen. Nur im nostalgischen Reformationsgedenken wurde die Berufung auf die Bibel als Motiv vorübergehend historisch gewürdigt. Aktuell beschimpft man solche Berufung auf die Bibel als Fundamentalismus.

Ich habe nicht die Hoffnung, dass sich evangelische Kirchenleitungen besinnen und umkehren. Es gibt auch so etwas wie Verblendung und Verstockung. Sie werden Wege finden, ihre an die Mehrheitsgesellschaft angepassten Vorstellungen durchzusetzen, wo es noch nicht bereits geschehen ist. Die Protestantische Kirche der Pfalz hat sich jetzt eine wirklich verblüffende Spitzfindigkeit einfallen lassen. Man unterscheide  begrifflich die Gottesdienste anlässlich der Eheschließungen von heterosexuellen Paaren (Trauungen) und von homosexuellen Paaren (Trauhandlungen). Trauung und Trauhandlung würden, wie von der Synode beschlossen, in die Kirchenbücher eingetragen, ließ ein Oberkirchenrat wissen. (idea vom 3.12.2017) Halten die ihre Gemeindeglieder für blöd?

Druck hin, Druck her, es bleibt dabei: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. Bitte, bekennt euch öffentlich!

Ulrich Parzany